Esoterischer Personenkult und selbsternannte Heiler und Meister

16.01.2023

Die meisten Konflikte in der Welt, die meisten Missverständnisse zwischen und unter den Menschen, lassen ihre grundlegenden Ursachen sowohl in unterschiedlichen Sprachen, Kommunikations- und Kulturformen, als auch in persönlichen Fehlinterpretationen erkennen; wobei Sprache als solches, rein symbolischen Übereinkünften folgt.

Doch bereits in einer solchen Übereinkunft liegt gehöriges Konfliktpotenzial, denn das, was ein Mensch sagt, ist nicht immer zwingend auch das, was er wirklich denkt, meint oder auszudrücken vermag; nicht selten fehlen ihm die richtigen Worte. 

Darüber hinaus lassen selbst Menschen gleicher Muttersprache durch unterschiedliche Wort-Interpretationen so manche Fehldeutungen aufkommen, die schlimmstenfalls zu massiven Streitereien führen. 

So wird es nur wenige verwundern, dass Menschen verschiedener Kulturen und Muttersprachen diese Grundproblematik der Kommunikation noch weiter steigern und verschärfen können.

Schlussendlich basieren die meisten persönlichen, nationalen und internationalen Konflikte, ursächlich - neben persönlichem Macht-, Wohlstands- und Geltungsdrang -, auf unbewusst oder bewusst fehlinterpretierter oder fehlerhaft orchestrierter Kommunikation. Und hiervon ist kein Gebiet, kein Thema menschlicher Beziehung und Entwicklung, ausgeschlossen; erst recht nicht die Esoterik.

In vielen Köpfen herrscht eine beträchtliche Verwirrung im Gebrauch des Wortes "Esoterik", dessen Anwendung heutzutage so verschieden ist, dass eine Verwirrung erklärlich genug wird. Von daher scheint es mir ratsam, diejenige Bedeutung aufzuzeigen in der die zeitlose Weisheit, die Theosophie, mithin die Mysterien-Lehre dieses Wort seit jeher gebraucht.

  • Esoterik - von griechisch 'esoteros' für "weiter innen gelegen oder nach innen gewandt)" - in historischem Sinne meint es eine Lehre, die einst nur ausgesuchten Menschen zugänglich gemacht wurde.

Dem letzten Teil des Satzes kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, denn jene Auswahl besonderer Menschen, denen der Zugang zu den inneren Kammern des Wissens in den Mysterien-Schulen eröffnet wurde, beruhte auf deren einwandfreiem, tadellosen Charakter und Leumund.

Doch vor etwa 1500 Jahren erklang die 'Totenglocke der westlichen Mysterien-Schulen', als Kaiser Theodosius II. das sogenannte Heidentum aus dem Römischen Reich verbannte, zu dem damals auch Thrakien, Mazedonien, Kreta, Syrien und Ägypten gehörten. Der Todesstoß kam weniger als ein Jahrhundert später, im Jahre 529 u.Z., als Kaiser Justinian die letzte Mysterien Schule in Athen - die von Plato gegründete Akademie - schloss.

Abgesehen von der Unterdrückung von allem was nicht christlich «erschien», war vieles was einst in den Mysterien für schön und heiligt erachtet worden war, beispielsweise der heilige Ritus der Vereinigung der aufwärtsstrebenden Seele mit dem höheren Ego-Selbst (so wie es Platon bereits in seinem Höhlengleichnis beschrieb), zu degeneriertem Orgien-Wahn mutiert.

Selbst die innere (esoterische) Weisheit, das innere (esoterische) Wissen jener Ur-Christen über die wahren universalen Zusammenhänge, die Evolution schlechthin und den Sinn und -Zweck menschlichen Lebens im Besonderen, erfuhr nach Schließung der Mysterien-Schulen grundlegende Verfälschungen. Auch die unter den Ur-Christen noch als zweifelsfrei geltende okkulte Lehre der Reinkarnation des Menschen, wurde auf dem 5. Konzil, im Jahre 553 u. Z., in Konstantinopel, aus dem kirchlichen Kanon verbannt.

Allein die Sehnsucht des Menschen nach Liebe, Harmonie, Gesundheit, Wohlstand und Frieden, sein Drang nach höherer Wahrheit, höherem Wissen, blieb über die Jahrtausende bis heute erhalten.

Doch die weltweit auftretenden meist selbsternannten «Verkünder», «Erlöser», «Propheten», «Heiler» und «Meister» («Mahatmas»), präsentieren in der Regel allein «ihre rein persönliche Wahrheit» und geben sich oft einem Personenkult hin, den kein 'wahrhafter Meister', also einer, der diesem Titel der inneren Weisheit entsprechend - als 'Große Seele' = Mahatma - gerecht würde, für sich selbst jemals gutheißen, geschweige denn zustimmend akzeptieren würde.

Wahres esoterisches Wissen basiert auf kosmisch-universalen Natur-Prinzipien, die im Volksmund "Naturgesetze" genannte werden. Doch sind sowohl die Prinzipien als auch das Wissen über selbige nicht menschlichen Ursprungs, sondern wurden der Menschheit überliefert und werden seit Jahrtausenden nur an solche Menschen weitergegeben, die sich dieses okkulten Wissens würdig erweisen. 

Jene wahre esoterische Weisheit ist also niemandes persönliches Eigentum, wenn dieses auch im Wesensinneren eines jeden Menschen verborgen liegt, meist verschüttet und begraben ist, unter vielerlei persönlich-materiellem Ego-, Macht- und Wohlstandsstreben, das geprägt ist von Gedanken, Gefühlen und Taten, die allein jenes materielle Streben antreiben. 

Es ist also mitnichten jenes in inter-/nationalen Märkten etablierte esoterische Halbwissen, das kommerzielle Interessen verfolgt, um persönliche, wirtschaftliche Notwendigkeiten durch den Verkauf von Produkten und Services im Duktus von "Heilung und Wohlergehen" zu ermöglichen. Die mit derartigen Verkaufsangeboten oft apostrophierte "Spiritualität", über Hinweise auf persönliche "Hellsichtigkeit", "Channeling-Fähigkeiten", "Fähigkeiten als Medium", "Geistheilung" oder ähnliches, haben wenig bis nichts mit 'Spiritualität im Sinne des universalen Sinnes' zu tun. Der Begriff wird oft verwechselt mit intellektueller oder ethischer und am meisten mit psychischer Entwicklung. Doch nichts von alledem ist zutreffend.

SPIRITUALITÄT ist das SELBSTBEWUSSTSEIN des wirklichen SELBST, die Erkenntnis der EINHEIT in der Vielfalt, notabene des Lebens in stofflich diversifizierten Formen. 

Niemand der 'wahre innere Weisheit' im Sinne der Mysterien besitzt, wird jemals darüber sprechen geschweige denn sich selbst als Meister, Medium, Helfer, Heiler oder ähnliches anpreisen oder gar "verkaufen".  

Liebe, Harmonie, Weisheit und Wahrheit wirken zeitlos universal und sie drücken sich ohne Worte, allein durch sich selbst aus, durch Ausstrahlung und Taten; selbstlos, helfend, unpersönlich, gleichmütig und mittfühlend für alle Natur und alles Leben. (f.h.)